Jedes mal wenn wir Weltreisende auf Fahrrädern trafen, habe ich deren mentale und körperliche Ausdauer bewundert. Und gleichzeitig gedacht: Diese Quälerei wär nix für mich – vor allem in bergigen oder heißen Regionen. Da schienen wir beim Reisen auf unseren alten MZ-Motorrädern besser dran zu sein, auch wenn es ebenfalls Kraft gekostet hat, für viele Stunden konzentriert über abenteuerliche Pisten oder durch chaotische Städte zu manövrieren. Es waren schon besondere Abenteuer, auf zwei schnörkellosen DDR-Motorrädern der 80er Jahre mit gerade mal 20 PS so weit (und so hoch) zu reisen. Mehr darüber auf unserer alten Reise-Website emmenreiter.de
Dass Micha und ich nach langer Zeit beim Reisegefährt umgesattelt haben, ist im Grunde Ländern wie China, Thailand oder Vietnam zu verdanken. Will man hier mit einem motorisierten ausländischen Fahrzeug einreisen, wird man im Vorfeld gezwungen, teure Reiseagenturen termingenau zu beauftragen, die einen durchs Land begleiten und vorschreiben, wo man entlangfahren und übernachten darf. Das Stichwort ist also Reisefreiheit. Fahrräder machen in diesem Fall keine Probleme.
Anders als beim Motorrad müssen Fahrräder außerdem nicht verzollt werden. Verzollung bedeutet sehr lästigen Papierkram und zieht Grenzübertritte in die Länge. Ein Fahrrad dagegen geht sozusagen als Gepäckstück durch. Das hat zudem den großen Vorteil, dass es sich einfacher und günstiger auf andere Transportmittel verfrachten lässt. Und dies wird mit Sicherheit nötig werden, weil in letzter Zeit mehrere Landesgrenzen in Asien für Reisende gesperrt sind. Mit einem Fahrrad können wir dann Strecken im Zug oder Flieger gut überbrücken. Radfahren ist sicher eine intensive Art des Reisens und dazu noch die umweltfreundlichste, neben dem Wandern. Zu Fuß laufen wäre uns aber definitiv zu langsam.
Micha und ich haben uns die Vor- und Nachteile möglicher Reisevehikel im Vorfeld des neuen Abenteuers ausreichend durch den Kopf gehen lassen. Und testweise durch die Beine. Das Fahrrad ist eine tolle Sache. Was mich allerdings länger am Radfahren durch Asien zweifeln ließ – neben der körperlichen Anstrengung – ist die Frage, ob genug Zeit zum Verweilen bliebe. Wir haben den Eindruck, dass Radweltreisende eher kurz an einem Ort bleiben. Eine Nacht, höchstens zwei oder drei, und sie fahren oft schon wieder davon. Vor allem in großen Ländern oder wegen strenger Visaregeln kann Radreisen stressig werden und sich überhaupt nicht nach Freiheit anfühlen. Für uns macht aber gerade das einen wichtigen Teil des Reisens aus: Dass wir ab und an in Orte eintauchen können und regelmäßig zur Ruhe kommen. Auf dem Fahrrad ist, noch mehr als beim Motorrad, wohl vor allem auch der Weg das Ziel.
Suses Rad
PATRIA TERRA
Baujahr 2019 – gebraucht gekauft 2021
Gemuffter Stahlrahmen, Rohloff-Schaltung, 26 Zoll Räder, Felgen Big Bull, 55 mm Reifen Schwalbe Mondial, Lenker Riser MAS schwarz Micro-Steel, Bremse Magura HS33, Kettenantrieb mit 38er Blatt vorn und 17er Wenderitzel hinten, Chainglider, Plattformpedale Shimano PD-GR500, Gepäckträger Tubus Duo vorn und Logo Classic hinten, Naben-Dynamo Shimano Nexus, Sattel SQlab 602 Ergolux active
Michas Rad
VFS TX 400
Baujahr 2013 – gebraucht gekauft 2021
Stahlrahmen, Rohloff-Schaltung, 26 Zoll Räder, Felgen Ryde Andra 30, 55 mm Reifen Schwalbe Mondial, exzentrisches Tretlager, Lenker 31,8 SQlab 310 Sport 2.0, Bremse Magura HS33, Kettenantrieb mit 38er Blatt vorn und 17er Wenderitzel hinten, Chainglider, Plattformpedale Shimano PD-GR500, Gepäckträger Tubus Duo vorn und Cargo Evo hinten, Naben-Dynamo SON, Sattel Terry Fisio GTC Gel Max Men
Es hat auf jeden Fall seinen Reiz, dass wir so noch näher dran sind an Mensch, Tier und Natur, mit einfachen Mitteln und aus eigener Kraft vorankommen – langsam, aber doch schnell genug. Wir werden sicher einen Weg finden, das Radeln und Reisen gut für uns zu kombinieren. Wir gehen davon aus, dass es öfter unangenehm und sogar schmerzlich wird. Dass wir überhitzt oder frierend gegen Wind und Berge ankämpfen, über schlechte Wege fluchen und abends völlig ermattet ins Zelt kriechen. Aber wir werden es auf jeden Fall auch bequem haben, gemütliche Unterkünfte an schönen Orten beziehen, satt und sauber sein und in Ruhe verweilen. So oder so wird es eine intensive neue Erfahrung für uns. Und wer weiß, welche Kräfte, Gefühle und Gedanken dabei freitreten.
Eine Anmerkung zu den Magura. Die sollten langfristig ausgetauscht werden. Früher oder später muss ein Service durchgeführt werden. Und der ist östlich von Istanbul nicht mehr möglich (es sei denn selbst). Es fehlen dann aber das Royal Blood (Magura – Öl) und die Bremsklötze.
So weit ich weiß gibt es in Istanbul nur Bisiklet Sepeti zum Auffüllen der Ersatzteilvorräte.
Hallo Peter, danke für den Tipp. Diese Ersatzteile haben wir dabei 🙂